Geschichte der Osseointegration
Bereits im Jahre 1990 erfolgte in Schweden durch R. BRANEMARK die erste Versorgung eines beidseits oberschenkelamputierten Patienten mittels osseointegrierter, percutan (durch die Haut) ausgeleiteter Femurimplantate, welche als intramedulläre (also im Knochen liegende) Kraftträger zur Andockung der üblichen Exoprothetik dienten. Die Idee basierte auf den Ergebnissen der Zahnimplantologie. Bei Zahnimplantaten dient der Kieferknochen als Verankerungspunkt für einen künstlichen Zahn.
Zahnimplantate sind heutzutage eine Selbstverständlichkeit und finden weltweit Anwendung.
Im Jahre 1999 wurde erstmalig in Lübeck die von GRUNDEI entwickelte sog. Endo-Exo-Femurprothese bei einem jungen Motorradfahrer nach unfallbedingtem Verlust-Amputation des linken Oberschenkels implantiert.
Die Methode macht sich die Bemühungen von Dr. H. GRUNDEI zur Oberflächengestaltung von Implantaten mit dem Ziel der ossären Integration zu Nutze. Das von Grundei entwickelte Implantat besteht aus einer Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierung und weist eine dreidimensionale Tripodenoberfläche auf, welche nach Einbringen des Endomoduls in das Knochenrohr im Press fit-Verfahren im Verlauf von wenigen Wochen osseointegriert und einen endbelastbaren OS-Stumpf ergibt, an dem die Exo-Prothese fixiert werden kann.
Die Arbeitsgruppe um Dr. H. H. ASCHOFF blickt derzeit auf ca. 300 operierte Patienten zurück. Mittlerweile wurden auch Patienten nach traumatischen Unterschenkelamputationen bzw. nach Oberarmamputation mittels Endo-Exo-Implantaten versorgt. Aktuell findet an der Universitätsklinik in Rostock ein Implantat der Fa. OTN Implants aus den Niederlanden Anwendung, da sich dieses als besonders Anwenderfreundlich und verlässlich erwiesen hat.
Eine Arbeitsgruppe in England verfügt über deutlich weniger klinische Erfahrungen, beschäftigt sich aber intensiv mit der nach wie vor noch nicht endgültig gelösten Problematik chronischer Weichteilinfektionen an der percutanen Durchtrittstelle des intramedullär verankerten Implantes. Angestrebt wird hier die erfolgreiche Nachahmung des biologischen Modells des Hirschgeweihs. Eine inerte Versiegelung der Durchtrittstelle mittels eines fließenden Übergangs von vitalem Unterhautgewebe hin zur metallenen Oberfläche des ausleitenden Kraftträgers allerdings ist bisher noch nicht gelungen.
Die Arbeitsgruppe um Dr. H. H. ASCHOFF setzt daher auf eine mögliche Epithelisierung des Kanales zwischen äußerem Hautrand und distalem (körperfernem) Knochenende. Dieses unter der Vorstellung und dem Eindruck der klinischen Empirie, dass bei vollständiger Überhäutung des Weichteilkanals ein dann theoretisch nur noch zwischen Knochenrohr und Implantat möglicher, aufsteigender Infekt bei vollständiger, dreidimensionaler Osseointegration nicht obligat ist, sondern die absolute Ausnahme darstellt.